Mein Europa: Föderal, sozial, nachhaltig

Arturo Bjørklund Winters

Schon lange sind die Kulturen der europäischen Länder so stark miteinander verbunden, dass man von einer einzigen sprechen kann. Die Denker unseres Kontinents inspirierten sich immer gegenseitig und bereicherten unsere Weltanschauung: So baute Newton auf den Entdeckungen Galileis und Keplers auf, welche wiederum auf den Beobachtungen von Tycho Brahe basierten. Ebenfalls sind die Klassik oder die Romantik Beispiele kultureller Strömungen, die ganz Europa durchwühlten. Selbst das Aufblühen des Nationalismus am Ende des 19. Jahrhunderts war ein europäisches Phänomen.

In diesem Sinne begreife ich die EU als eine Nation und als meine Heimat. Ein Beispiel dafür, dass Einigung nicht durch „Eisen und Blut“, sondern durch das Betonen der Gemeinsamkeiten und durch den demokratischen Dialog möglich ist.

Strukturelle Reformen

Meine Vision ist die eines föderalen, europäischen Sozialstaats. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, halte ich die folgenden Strukturreformen der EU für notwendig:

  • Wegen der Opposition der Konservativen im EP wurden transnationale Listen für das EP abgelehnt. Doch dieser Widerstand soll uns nicht davon abhalten, dieses grundlegende Projekt weiterhin anzustreben: Es ist eine Chance, um die Vorreiterrolle der Sozialdemokratien wieder zu bekräftigen. Die Sozialdemokratischen Parteien Europas könnten und sollten bei der Europawahl national gemischte Listen aufstellen und somit den Wahlkampf auf einer wahrhaftig europäischen Ebene führen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Wahlen dieses Parlaments von allen als europäische Wahlen verstanden werden und nicht der Konfrontation nationaler Parteien bzgl. innenpolitischer Fragen dienen.
  • Eine deutliche Stärkung des EP. In erster Linie gehört dazu die Entscheidungshoheit des Parlaments über die Ernennung des Kommissionspräsidenten. Das Spitzenkandidatenprinzip darf nicht in Frage gestellt werden, sondern muss als Selbstverständlichkeit etabliert werden.
  • Das EP muss als einzig direkt gewähltes Organ das Herz der EU bilden und folglich im Zentrum des gesetzgebenden Verfahrens stehen. Folglich muss das EP ein Initiativrecht für das ordentliche Gesetzgebungsverfahren erhalten.
  • Jede Tagung des Rates muss öffentlich sein. Diese Maßnahme wird mehr Transparenz garantieren.

Wirtschaftspolitik

Von fundamentaler Wichtigkeit ist auch eine Reform der EU-Wirtschaftspolitik. Damit alle europäischen Regionen an den Vorteilen der Wirtschafts- und Währungsunion teilhaben können, bedarf es dringend einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung. Die wichtigsten Schritte zur Konkretisierung dieses Vorhabens beruhen auf:

  • Der Einführung eines EU-Finanzministeriums, das gegenüber dem EP verantwortlich ist. Außerdem soll der EU-Haushalt in erster Linie nicht über die Zahlungen der Mitgliedsstaaten, sondern über eine europäische Steuer finanziert werden.
  • Der Entwicklung von Maßnahmen gegen innereuropäische Steuerflucht und Steuerdumping. Dies könnte u.a. durch das Festlegen europäischer Mindeststeuersätze für Unternehmen, Erbschaften und Kapitalerträge erreichbar sein.
  • Einer deutlichen Stärkung der Sozialpolitik der EU. Dazu gehört die Einführung sozialer EU-Mindeststandards, um Sozialdumping zu verhindern. Ein europäischer „Mindestlohn“ , welcher 60% des Medianlohnes des jeweiligen Land beträgt, wäre ein deutlicher Ausdruck einer solchen Politik. Europa muss den Bürgerinnen und Bürgern seine Präsenz zeigen.
  • Die Vervollständigung der Bankenunion durch die Einführung eines geeigneten europaweiten Einlagensicherungsfonds. Während es sichergestellt werden muß, daß alle möglichen Anstrengungen in sämtlichen Ländern zu einer weiteren Verstärkung der Bilanzen von schwachen Kreditinstituten unternommen werden, sind die bereits erzielten Verbesserungen in puncto Eigenmittelausstattung und Reduzierung der faulen Kredite zu würdigen.
  • Umwandlung des ESM-Europäischen Stabilitätsmechanismus in einen dem EP zu unterstellenden EWF-Europäischen Währungsfonds. Diese Maßnahme würde es gleichzeitig erlauben, die Funktionen des IWF zu übernehmen und dabei den Schutz der EU gegen die Folgen einer Wirtschaftskrise deutlich zu verbessern.
  • Verlagerung der EU Spielregeln von einer auf Austerität bedachten auf eine auf Wachstum bedachte Wirtschaftspolitik. Eine solche Politik schützt nicht nur besser die Bürger vor finanzieller Not und harten Entbehrungen aber kann  gleichzeitig einen schnelleren Abbau der Staatsverschuldung erlauben, wie das Beispiel Portugal eindrucksvoll zeigt.

Energiepolitik

Eine der größten Herausforderungen der EU ist die Steuerung der 4. Industriellen Revolution, d.h. der Digitalisierung, der Automatisierung und der Energiewende. Durch meinen Studiengang bringe ich ein technisches Verständnis der „Energiewelt“ mit. Mein fachspezifisches Wissen möchte ich einbringen, um eine tatsächliche Energiewende in Europa zu konkretisieren. Das bedeutet für mich:

  • Die Einführung einer CO2-Steuer.
  • Die Verschärfung des Emissionshandel.
  • Die Abhängigkeit Europas von der Kohleverbrennung zu überwinden.
  • Weiterhin Investitionen in die Forschung und Entwicklung alternativer Energiequellen zu fördern, um nach wir vor weltweit eine Vorreiterrolle zu spielen. Gerade im Bereich der solaren „Energieerzeugung“ gibt es noch viel Entwicklungspotential.

Wir 500 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger sind nicht nur für ca. 20 % des Weltenergieverbrauchs verantwortlich, sondern bilden auch die größte Wirtschaftsmacht der Welt. Die EU ist ein beispielloses Projekt der Völkerverständigung, das Großartiges erreicht hat. Das Scheitern oder Gelingen des europäischen Projekts als demokratische Einigung eines Kontinents wird die Weltgeschichte verändern. Es ist Zeit, dass die EU den autokratischen und populistischen Tendenzen innerhalb und außerhalb der eigenen Grenzen die Stirn bietet und ihre Möglichkeiten entfaltet. Mein Antrieb ist die Entwicklung einer neuen, mutigen Vision für ein zukünftiges Europa.